Altstädte sind das Herz der Stadt

In Marokko gibt es 31 Medinas(=Altstädte), die jedoch in der rasanten Weiterentwicklung der Städte Marokkos eher eine untergeordnete Rolle spielten und deswegen mit ihrem allmählichen Verfall zu kämpfen haben.

Genau wie in der Zeit nach dem französischen Protektorat, ziehen immer mehr Menschen aus der Medina in die neu errichteten Stadtviertel. Damals konnte der Schwund noch kompensiert werden durch die ländliche Bevölkerung, welche in die Städte drängte. Heutzutage ist der Bevölkerungsrückgang jedoch deutlich zu sehen, jährlich nimmt die Bevölkerung innerhalb der Altstädte um circa 3% ab.



 Abb. 1:"Schema der Stadtentwicklung in Marokko"
Quelle: eigene Interpretation, nach Ehlers 1984


Ein Grund für den Niedergang der Altstädte Marokkos, ist die sich ändernde gesellschaftliche Struktur. Es entsteht eine Mittelschicht, die es sich leisten kann in die neuen Stadtviertel zu ziehen. Jedoch nicht nur der finanzielle Aspekt spielt hier eine Rolle, auch die Veränderung der Bedürfnisse zwingt die Menschen zum Umzug. Zum Bespiel der Wunsch nach mehr Wohnfläche lässt sich in der Altstadt oft nicht verwirklichen. 60% der Haushalte in der Medina leben in zwei Räumen. Außerdem ist das Angebot an sozialen Infrastrukturen im Vergleich zu den neuen Gebieten der Stadt sehr gering, bzw. minderwertig.

Die Altstädte dienen nun einerseits als Ort für die Ärmsten der Armen, die nicht einmal mehr Platz in den Slums finden. Andererseits sind sie zu Orten des Tourismus geworden, ihre eigentliche Rolle als Zentrum für Handel und als religiöse Landmarke sind nur vereinzelt und in abgeschwächter Form noch vorhanden. Der Versuch die Medinas mit nationalen Finanzhilfen zu stärken und auch die Aufnahme dieser in das Programm des Weltkulturerbes der UNESCO funktioniert nur bedingt, es müssen enorme finanziellen Mittel bereitgestellt werden um den Prozess zu stoppen und eine Aufwertung in Gang zu setzen.

Im selben Zug findet eine Art Gentrifizierungs-Prozess statt der neben der Verarmung und dem Verfall in den meisten Medinas noch eine untergeordnete Rolle spielt. Da es keine Anreize, in Form von Förderungen gibt, sein Haus zu renovieren oder Instand zu halten, ist die einfachste Lösung oft, es überteuert an Ausländer oder Menschen der marokkanischen Oberschicht zu verkaufen. So werden die Häuser zwar instand gesetzt im selben Zug findet jedoch oft eine Transformation der baulichen und sozialen Struktur statt.

Innerhalb Marokkos entwickeln sich die Altstädte auf unterschiedliche Art und Weise um dies zu verstehen muss zwischen den verschiedenen Arten derer unterschieden werden. Vor allem die Altstadt Marrakeschs ist eine wichtige Landmarke und steht unter dem Druck des Tourismus und der Europäisierung. Viele der 2 Millionen Touristen jährlich bleiben und kaufen und werden zu einem der 1,2 Millionen Einwohnern der „Roten Stadt“. Es bleiben diejenigen, die außer dem riesigen Basar, der Marrakesch für Viele ist, das Herz erkennen.




Abb. 2: Unterschiedliche Entwicklung der Medinas
Quelle: eigene Darstellung, vgl.: Bigio 2012: 193ff




















Abb. 3: Medinabewohner als Minderheit gesamtstädtischer Bevölkerung
Quelle: eigene Darstellung, vgl.: Godin/ Le Bihan 2012: 143ff

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