Ein Dorf in der Stadt





































Ein Dorf in der Stadt. Ein Ort den man nur von oben wahrnimmt. Im normalen städtischen Alltag
bemerkt man nicht was sich für ein Gefüge hinter den Mauern verbirgt. Es ist gut geschützt. Fast unsichtbar, nur ein schmaler Eingang führt ins Innere der Mauern. Vielleicht ist das der Grund warum sich die Menschen, die hier wohnen, genau diesen Ort ausgesucht haben. Abgegrenzt vom Chaos der Stadt konnten sie sich hier eine dorfartige Gemeinschaft aufbauen. 60 Familien haben sich hier 45 Häuser gebaut. Einige Konstruktionen lassen noch erahnen, wie alles begann. Plastikplanen, Holzlatten und Blechdächer. Etwas temporäres, entstanden aus einer Not heraus. Jetzt sind jedoch fast alle Häuser ausgebaut und inzwischen aus Ziegeln und Zement. Manche sogar zweigeschossig. Sie wirken nicht mehr vorläufig, die Menschen wollen dauerhaft hier bleiben, es bestehen sogar Pläne den Grund zu kaufen.

Inzwischen gibt es Elektrizität, Straßenbeleuchtung und fließend Wasser an einer zentralen Wasserstelle. Jeder hat sein Zuhause, es hat alles eine Ordnung hier. Die Gemeinschaft ist unglaublich stark, man teilt Essen, Sorgen und wenn es sein muss auch mal das Geld, erzählt Mohammed. Früher war er Marinesoldat und hat zusammen mit den Spaniern, Franzosen und Deutschen gekämpft, nahe Dakhla. Gegen die Polisario.
Zusammen mit seiner Frau und drei Kindern lebt er in einem ca.10qm großen Haus. Sie lieben es hier zu wohnen und würden nicht umziehen. Der Zusammenhalt der hier herrscht ist durch nichts zu ersetzen. Schmale Gassen verbinden die Häuser. Der Aufbau erinnert an der den einer traditionell islamischen Stadt. Mitten im modernen Casablanca hat sich hier etwas gebildet. Aus den Bedürfnissen der Menschen heraus ist dieses fantastische, beeindruckende Stück Stadt entstanden.
Die bunte Wäsche wird überall in den Gassen zum trocknen aufgehängt. Eine Frau sitzt vor dem Haus und schneidet Gemüse fürs Abendessen. Hühner picken, angebunden an einem Bein das alte Brot vom Boden und Katzen schleichen hungrig herum. Es ist fast unglaublich, dass hier so eine Idylle entstehen konnte.
Die hohe Mauer schützt diesen Raum vor der Außenwelt. Vor der Anonymität die hier herrscht. Diese beiden Räume die hier nebeneinander existieren sind nicht miteinander zu vergleichen. Wer aus den oberen Stockwerken der angrenzenden Wohnhäuser schaut, kann nur erahnen was sich hier abspielt.

Das Dorf liegt im Quartier Bourgogne, einem Stadtteil Casablancas, der als einer der Besseren gilt. Nahe der Küste und der riesigen Hassan II Moschee. In den alten Schwarzplänen ist erkennbar, dass die Fläche bis 1942 nicht bebaut war. 1952 sind bereits Strukturen erkennbar, die an den jetzigen Zustand erinnern. Das Gefüge erinnert in seinem Aufbau und seiner Erscheinung an jene eines Bidonvilles, allerdings entstehen diese in der Regel an den Rändern der Stadt auf einem Freigelände, das niemandem gehört oder zum Zeitpunkt der Entstehung keinen Marktwert besaß. Da dieses innerstädtische Grundstück jedoch sehr günstig gelegen ist und sich mit Sicherheit in Privatbesitz befindet ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Bevölkerungsdruck es unvermeidlich macht auch dieses Grundstück mit einem mehrgeschossigen Wohnblock zu bebauen.































Abb.: Einblicke
Quelle: Eigene Aufnahmen

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